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Die Treibhausgase der Energiewende
Drei Charts, die gerade die Cleantechwelt beschäftigen.
Hi Cleantechie!
Diese Woche werfen wir mal wieder einen Blick auf ein paar Charts, die die Cleantech-Welt gerade beschäftigen. Wir schauen auf Industriewärme, Erneuerbare, die immer weniger wert sind und die Treibhausgase der Energiewende.
Ich ignoriere dabei prominent den Aktienchart von Lilium. Das Flugtaxi-Startup hat vergangene Woche Insolvenz angemeldet.
Lets’ go!
Das sind die Themen
1. Die Treibhausgase der Energiewende
Aus dem neuen Bericht des UN-Umweltprogramms.
📈 Was du siehst
Das ist die Summe aller Treibhausgasemissionen der Menschheit und sie steigt unaufhörlich.
Die verschiedenen Emissionsquellen sind farblich gekennzeichnet:
Fossil CO₂: CO₂-Emissionen aus fossilen Brennstoffen (dunkelgrün)
CH4: Methan-Emissionen (braun)
N2O: Lachgas/Distickstoffmonoxid (hellblau)
F-gases: Fluorierte Treibhausgase (orange)
LULUCF CO₂: Land Use, Land-Use Change and Forestry - CO₂-Emissionen aus Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft (hellgrün).
Besonders auffällig sind die dicker werdenden Bänder von Methan und der F-Gase.
🍏 Warum dieser Chart wichtig ist
Der Fokus liegt zurecht auf CO₂, dem mengenmäßig größten Treibhausgas.
Aber wir haben ein wachsendes Methan-Problem. 2023 sind dessen Emissionen um 1,3 Prozent gestiegen. Das Gas entsteht bei der Viehhaltung, im Reisanbau, im Güllemanagement und natürlich auch bei der Öl- und Erdgasförderung.
Auch die Emissionen der sogenannten F-Gase, das sind extrem klimaaktive Kohlenwasserstoffe, nehmen zu. Sie haben mit mehr als 4 Prozent den höchsten jährlichen Anstieg zu verzeichnen. Sie entstehen pikanterweise auch bei der Produktion von Solarzellen, kommen in Schaltanlagen und Wärmepumpen zum Einsatz. Etwas übersptitzt formuliert: Keine Energiewende ohne F-Gase.
Der Chart der UNEP ist damit eine sehr gute Erinnerung, dass die Klimakrise ein wahrhaft wicked Problem ist. Ziehst du an der einen Ecke, fällt an der anderen etwas herunter.
👉️ Steige tiefer ein
Hier habe ich gezeigt, wie Dänemark als erstes Land der Welt Klimagase in der Landwirtschaft besteuert.
Und auch F-Gase können wir unter Kontrolle kriegen. Haben wir nämlich schon einmal hinbekommen. Wie das gelang – der long read.
2. Große Hitze für die Industrie – auch hier könnte Elektrifizierung der Weg sein
Der Thinktank Future Cleantech Archtiects hat einen Report veröffentlicht, der wunderbar technisch ist und in die heißen Öfen der deutschen Industrie schaut.
In fast allen dieser Öfen brennt noch immer Erdgas. Wie ließe sich das ändern?
📈 Was du siehst
Das ist ein Flussdiagramm, Fachwort Sankey-Diagramm.
Es zeigt, aus welchen Quellen Europa seinen Erdgasbedarf deckt und wie es das Erdgas verwendet. Große Teile gehen in die Stromproduktion und die Wärmeversorgung, zwei Bereiche, die zu Beginn des Ukraine-Krieges und während der Debatten über Wärmepumpen im Fokus standen. Absolut verständlich: Schließlich hat jeder eine Heizung und Steckdose zu Hause, aber nicht jeder einen 1500-Grad-Stahlkonverter.
🍏 Warum diese Grafik wichtig ist
Die Industrie braucht 831 TWh Gas pro Jahr, um Hitze zu erzeugen. Das sind 18,3 Prozent des gesamten europäischen Bedarfs.
Wenn du die bunten Bäche auf der Grafik rechts oben verfolgst, siehst Du welche Industriezweige dieses Gas brauchen. Etwa zur Bearbeitung nicht-metallischer Mineralien, von Eisen und Stahl, von Nicht-Eisen-Metallen, in der Chemie und Petrochemie, bei Papier und Druck, für Lebensmittel und für Tabak. In einem Wort: Bei all dem, was dieses Land am Laufen hält und unseren Wohlstand sichert. (Außer Tabak.)
Vor allem die Metall- und Mineralienverarbeitung braucht Temperaturen von weit über 1000 Grad. Das schafft keine Wärmepumpe, ist ein Problem und ist der Grund, warum Robert Habeck gefühlt inzwischen jedes Stahlwerk dieses Landes besucht hat, um über Wasserstoff zu sprechen. Das kann als alternativer Brennstoff fungieren.
Aber Future Cleantech Architects sagen, dass Wasserstoff gerade nicht der beste Weg ist, um die ganzen Industrieprozesse zu dekarbonisieren.
Die erwarteten Kostenbereiche sind für Wasserstoff (grüner Balken) deutlich höher als für eine direkte Elektrifizierung (ocker Balken). Biogas wiederum gibt es schlicht nicht genug, um damit Europas Öfen zu betreiben.
Außerdem könne grüner Strom dafür sorgen, sich von teuren Importen aller Art unabhängig zu machen.
Die gute Nachricht ist, dass die meisten Industrieprozesse gar keine 1000-Grad-plus brauchen, sondern nur 160 Grad. Dafür, oft sind es einfache Gas-Dampfkessel, gibt es schon jetzt geeignete Wärmepumpen, die relativ nahtlos als Ersatz dienen können.
Das Problem ist aber, dass Strom zu teuer bzw. das klimaschädliche Erdgas zu billig ist.
Die Lösung könnten Wärmespeicher sein (ich hatte sie schon einmal hier gepriesen), denn sie können eine Fabrik flexibel und preiswerter mit Wärme versorgen. Es gibt schon jetzt Dutzende Startups, die an solchen Speichern arbeiten, aber – so die Autoren der Studie – ohne politische Förderung wird deren Markthochlauf nicht klappen.
Vielleicht muss Habeck mit dem großen Scheck also mal ins kleine Startup kommen.
Übersicht über Wärmespeicherstartups aus dem FCA-Report
👉️ Steige tiefer ein
The Next Half-Trillion-Dollar Market – Electrification of Heat von Michael Liebreich
Direct electrification of industrial process heat von Agora Industry
3. Immer mehr Solar bedeutet immer weniger Solar
Ein Chart des belgischen Energieanalysten Julien Jomaux.
📈 Was du siehst
Die Grafik zeigt den sogenannten Marktwert erneuerbarer Energie in Deutschland. Der Marktwert ist das Produkt aus aktueller Produktion und aktuellem Stundenstrompreis. Anders ausgedrückt: Er zeigt, wie viel ich im Vergleich und relativ zu anderen Erzeugern am Markt für meinen Strom bekommen kann.
Bei den ersten 20 GW Kapazität (roter Kasten) stieg der Marktwert gleichmäßig, dann aber stieß Solar (gelbe Linie) an eine Decke. Wind sieht besser aus (blaue Linie), musste aber auch seinen linearen Trend verlassen.
🍏 Warum dieser Chart wichtig ist
Erneuerbare haben ein neues Problem: Sie sind zu erfolgreich.
Je mehr von ihnen im Netz sind, desto weniger lohnen sich neue Anlagen. Allerdings gilt das nur für Anlagen, die keine Speicher haben und als flexible Stromlieferanten am Abend und am Morgen einspringen können.
Und es gilt bei Solar auch nur für Anlagen, die vor allem mittags produzieren. Vertikale Solarkraft etwa oder Module in Ost-West-Ausrichtung produzieren genau dann Strom, wenn wir ihn brauchen. (Hier habe ich über vertikale Solarkraft geschrieben.)
Die guten Links
Nachrichten, über die die Branche gerade spricht.
♒️ Die Weltwirtschaft könnte pro Jahr 25 GW Wasserstoff-Elektrolyseure herstellen. Es sind aber tatsächlich nur 2,5 GW. Das ist eine Auslastung von 10 Prozent und das deutlichste Symbol für das Platzen der Wasserstoffblase, das mir bisher begegnet ist. Die Wirtschaftswoche schaut sich die desolate Situation an – und findet aber auch ein paar Hoffnungsschimmer. In Europa etwa wurden diesen Sommer Projekte mit 1 GW nicht nur angekündigt, sondern auch finanziert.
💶 So skalierst du ein Cleantech-Startup – ein Handbuch.
🔋 Wie konnte Northvolt in so eine Krise geraten? Die Financial Times widmet dieser Frage einen lesenswerten Hintergrund-Artikel mit einigen saftigen Details. So hätten vor allem chinesische und südkoreanische Arbeitskräfte in der einzigen Fabrik die Maschinen installiert; Sprachprobleme inklusive. Der Rest der Belegschaft sei unerfahren und die Prozesse schlecht gemanagt. Zusätzlich hätten die großen Investitionen von außen Druck aufgebaut, der zu unrealistischen Fristen und schlechten technischen Entscheidungen führte. „Die größte Herausforderung in der Industrie“, sagt ein Mitarbeiter, „ist eine neue Anlage, neue Leute, neue Prozesse, ein neues Produkt... Und wir hatten alle vier zusammen.“
🔋 So wirtschaftlich ist dein Energiespeicher: Christian Schäfer von Regelleistung Online hat einen Index für Energiespeichererlöse in Deutschland gebaut. Interessantes Detail: Im kurzfristigen Frequenzstabilisierungsmarkt (hellblaue Linie) steigen die Erlöse.
Die wichtigen News
Nachrichten, über die die Branche gerade spricht.
💨 Windenergie & Solarenergie
Finanzielle Beteiligung von Kommunen: Wie kalkulierbar sind Wind- und Solareuros? (Solarserver)
Enpal: 5 Milliarden Euro für Solaranlagen-Finanzierung eingesammelt (Solarserver)
Viele Insolvenzen trotz niedriger Modulpreise (Erneuerbare Energien)
Durchbruch: Solarzelle erreicht 60 Prozent Wirkungsgrad (t3n)
🔋 Batterietechnologie & Elektromobilität
Northvolt bekommt wohl frisches Kapital (Manager Magazin)
Lithiumfund in Arkansas könnte globale Elektroautoproduktion ändern (Forschung und Wissen)
So funktioniert das schnelle Laden von Elektroautos auch zu Hause (Ingenieur.de)
☢️ Kernenergie & CO₂-Technologien
Die Demokratische Partei ist pro-nuklear — und bereit, darüber zu sprechen (Heatmap News)
Innovatives Material filtert effizient CO₂ aus der Atmosphäre (Forschung und Wissen)
🔧 Heiztechnologien & Politik
♒️ Wasserstoff
Rostock: Wasserstofftankstelle wird abgerissen (Golem)
Jobs & Deals
💶 KI-Chemie-Startup Dunia.ai aus Berlin sichert sich $11,5 Millionen US-Dollar in einer Series-A-Runde, angeführt von Elaia und Redalpine. 5 offene Stellen.
💶 Energie-Startup Autarkize aus Pfronten bekommt €2,3 Millionen in einer Seed-Runde vom HTGF, unterstützt durch Fair Capital Impact Fund und Innovation for Impact. Mehrere offene Stellen.
💶 Foodtech-Startup Infinite Roots aus Hamburg erhält €2,6 Millionen Fördermittel vom Bund. 5 offene Stellen.
💶 Recycling-Software-Startup Recyda aus Freiburg im Breisgau sichert sich €6,3 Millionen in einer Series-A-Runde, angeführt von Cusp Capital. Keine offenen Stellen.
👉️ Hier habe ich für dich eine Liste von Jobportalen für grüne Jobs zusammengestellt.
❓️ Sucht dein Unternehmen Mitarbeiter:innen? Schreib es mir.
Der letzte Link
Mein Handybildschirm war sehr zerkratzt. Ich dachte, ich bräuchte ein neues Display. Dann fiel mir ein, dass ich vor Jahren mal eine Schutzfolie draufgeklebt hatte. Um die Folie zu wechseln, musste ich die Hülle abnehmen. Als ich das tat, flatterten mir 50 Euro vor die Nase. Groß war meine Freude – Rico im Glück.
So ähnlich müssen sich Länder fühlen, die in ihrem Netz noch Reserven finden, die sie vorher nicht genutzt haben.
In der vergangenen Woche war ich auf LinkedIn und schon wieder im Glück. Denn ich habe diese Nachricht von Dominik gesehen (hi 👋):
Danke Dominik!
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👋 Vor ein paar Tagen habe ich übrigens wieder Geld in die Schutzhülle meines Handys getan. Denn man muss sein Glück auch mal erzwingen.
Rico Grimm
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