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Dagobert DAC - CO₂-Startups bekommen neues Geld
Und Tesla hat Probleme – das ist eine gute Nachricht.
Hi Cleantechie!
Dieser Newsletter gibt dir jede Woche in 5 Minuten den Überblick über die wichtigsten Unternehmen, Forschungsdurchbrüche und Trends der Branche.
Bevor wir anfangen: Ich habe gestern eine fantastische Mail von Frank bekommen, der in den Cleantech-Bereich wechseln will. Er hat mir erzählt, welche Informationen er dafür braucht. EXTREM wertvolles Feedback war das für mich!
Denn das ultimative Ziel dieses Newsletters ist es, so viele Menschen wie möglich in diese Branche zu bekommen – und dort zu halten.
Wenn du auch nach einem neuen Job in diesem Bereich suchst, antworte mir direkt auf diese Mail: Was ist dein Hintergrund? Welche Infos brauchst du? Welchen Hürden begegnest du bei der Jobsuche? Diese Antworten helfen mir dabei, den Newsletter so zu gestalten, dass er für dich so hilfreich wie möglich ist.
Okay, let’s go!
Das sind die Themen
Dagobert DAC – CO₂-Startups bekommen neues Geld
Die britische Firma Mission Zero will mit Direct Air Capture (DAC) CO₂ aus der Luft holen. Sie hat €25,4 Millionen in einer Series A bekommen.
2150 (Kopenhagen), World Fund (Berlin), Siemens (München) und Fortescue (Perth, Australien) investierten.
Mission Zero will seine DAC-Anlagen an Kunden verkaufen, die große Mengen CO₂ selbst verarbeiten können, Hersteller von Methanol oder synthetischem Kerosin etwa. Andere Startups betreiben eigene Anlagen und verkaufen dann die Zertifikate.
Bereits im März hatte das Essener Startup Greenlyte Carbon Technologies €10,5 Millionen in einer Pre-Series-A eingesammelt.
Neocarbon will im Mai eine erste Testanlage in NRW installieren. Im Dezember haben die Berliner €3,2 Millionen in einer neuen Finanzierungsrunde erhalten.
🍏 Was ich denke
Wir werden die Klimakrise nicht lösen, ohne CO₂ wieder aus der Luft zu holen.
In den gemäßigten Klima-Szenarien des Weltklimarats tauchte deswegen immer wieder eine mysteriöse Technologie auf, mit der die Menschheit im großen Maßstab CO₂ versenken kann, also „negative Emissionen“ erzielt. Sie ist unabdingbar, um die Klimaziele zu erreichen. Unklar war immer, was das eigentlich für eine Technologie sein soll. Das haben die Autoren offen gelassen.
Deswegen ist jeder Euro, der Direct Air Capture (DAC)-Firmen zufließt, ein guter Euro. Niemand kann derzeit etwa im großen Stil Zement herstellen, ohne CO₂ zu emittieren. Gleichzeitig werden wir große Mengen CO₂ brauchen, wenn Flugzeuge klimaneutral fliegen sollen, da diese auch in Zukunft energiedichten Treibstoff benötigen; Batterien sind zu schwer für Jumbo-Jets. Der Markt für synthetisches Kerosin könnte bereits im Jahr 2030 17 Milliarden Dollar groß sein.
Aber DAC ist teuer. Sehr teuer. Die Schweizer von Climeworks holen derzeit in Island eine Tonne CO₂ für $1000-1300 aus der Luft. Dieses Angebot können übrigens auch Privatpersonen nutzen.
Das wäre doch mal ein nettes Weihnachtsgeschenk für den lieben Menschen, der wirklich schon alles hat. Im Geschenk dann: nichts außer saubere Luft. (Bitte sage bei der Bescherung nicht, dass du den Tipp von mir hast.)
Problem aber: Damit CO₂-Abscheidung zu einer Alternative im Kampf gegen die Klimakrise wird, müssen die Kosten drastisch runter. $100-200 Dollar nennt die Boston Consulting Group in einer Analyse. Mission Zero will zwar in zwei Jahren schon bei unter $300 Dollar sein, aber eine Studie von ETH-Forschern hält diese Zahl eher im Jahr 2050 für realistisch.
CO₂-Abscheidung kann also nicht die Wundertechnologie sein, die uns zügig aus der Klimakrise führt – oder gar erlaubt, weiterhin die Überreste toter Tiere und Pflanzen zu verbrennen, um unser Auto von A nach B zu bewegen. Das ist tatsächlich eine reelle Gefahr: Dass DAC als Ausrede benutzt wird, um das Geschäftsmodell der fossilen Industrie noch ein paar Jahre zu verlängern.
Was ohne DAC dekarbonisiert werden kann, muss auch ohne DAC dekarbonisiert werden. CO₂-Abscheidung sollten wir uns für die Härtefälle vorbehalten. Aber selbst für diese gibt es noch keinen Markt.
Synthetisches Kerosin etwa kostet derzeit zehnmal so viel wie fossiles. Ab 2026 müssen europäische Airlines zwar den vollen CO₂-Preis im Rahmen des Emissionshandels zahlen, gleichzeitig aber bekommen sie Rabatte, wenn sie synthetisches Kerosin beimischen. Die Risikokapitalgeber der DAC-Startups wetten wahrscheinlich genau auf diese Nachfrage.
Regierungen nutzen auch vermehrt Carbon Contracts for Difference (CCfD) , um die Mehrkosten für CO₂-arme Industrieprozesse abzufedern. Deutschland hat mit den „Klimaschutzverträgen“ so ein Programm gestartet.
Aus Potsdam kommt eine weitere originelle Idee. Forscher des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung (PiK) schlagen eine „Europäische Kohlenstoff-Zentralbank“ vor, die die Entnahme von CO₂ fördern kann (hier das tl;dr, hier die Studie). Die Forscher schlagen also vor, einen staatlich gestützten Mindestpreis im CO₂-Markt einzuziehen, der den Unternehmen Planungssicherheit und den Regierungen Steuerungsfreiheit gäbe in einem Markt, der essenziell sein wird, um die Industrie vollständig zu dekarbonisieren. Wichtig dabei: Dieser Mindestpreis soll nur für CO₂ gelten, das auch wirklich dauerhaft versenkt wird.
👉️ Steige tiefer ein
Explainer der Leopoldina über negative Emissionen
Carbon Dioxide Removal Primer von Andrew Bergman und Anatoly Rinberg (42 Minuten Lesezeit 🤿 )
NYTimes-Reportage über DAC in Island und Texas mit großartigen Fotos
Kompaker Explainer zu Luftfahrt und Emissionshandel in der EU
Fantastische Nachricht: Teslas Absatz schwächelt
Tesla hat im ersten Quartal 2024 385.000 Autos ausgeliefert, acht Prozent weniger als in den drei Monaten zuvor.
Konkurrenten wie BYD, BMW oder Volvo können ihre Absätze deutlich steigern. BMW verkaufte 2023 74 % mehr E-Autos als 2022, Volvo brach seinen Absatzrekord im März 2024, getrieben durch den kleinen EX 30.
Gerüchteweise hat Tesla seinen Plan verworfen, ein eigenes kleines Massenmodell auf den Markt zu bringen, um sich auf autonome Autos, „Robotaxis“, zu konzentrieren.
🍏 Was ich denke
Teslas Probleme sind vor allem: Teslas Probleme.
Veraltete Modelle, schlechter Service, ein derangierter CEO (und ja, auch die berühmten Produktionsmängel). Das sind keine Probleme des globalen E-Auto-Markts.
Der wächst zunehmend schneller weiter. China und Europa sind die wichtigsten Absatzmärkte. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann mehr E-Autos als Verbrenner verkauft werden. Das wird geschehen, mit oder ohne Tesla. Dass ich diesen Satz schreiben kann, ist eine fantastische Nachricht.
E-Autos als Technologieplattform haben sich durchgesetzt. An diese Debatte können wir einen Haken machen.
Allerdings bleiben für uns Cleantechies noch ein paar große Aufgaben übrig:
Stromversorgung: 100 % grüner Strom für jedes E-Auto. Das muss das Ziel sein.
Netzausbau: Millionen neuer E-Autos brauchen Ladeanschlüsse und vor allem Stromnetze, die mit dieser neuen Nachfrage auch umgehen können.
Leider zu wenig ein Thema: Der Reifenabrieb von E-Autos ist größer als bei Verbrennern, weil sie schneller beschleunigen und öfter bremsen. Eine Studie schätzt, dass wir jedes Jahr 6 Millionen Tonnen kleinster Reifenpartikel in Luft, Wasser und an Land verteilen. Helfen würden leichtere und langsamere Autos.
Make ÖPNV sexy again: Auch E-Autos sind eine Nettolast für das planetare System. Deswegen gilt: Kein Auto ist das umweltfreundlichste Auto. (Wer sagts den Norwegern?)
Links, um noch mehr zu verstehen
🛰️ Das britische Startup Space Solar möchte in drei Jahren Energie aus dem Weltall zur Erde schicken. Sollte die Technologie eines Tages marktreif sein, könnten mit ihr etwa E-Autos aus dem Weltall geladen werden – und deren Batterien kleiner werden. (Mir würde es schon reichen, wenn meine Fahrradlampen ständig geladen wären, aber gut.)
🧬 Synthetische Biologie 🤝 Cleanteach: Ein US-Team hat einen neuen Weg gefunden, CO₂ in CO (Kohlenmonoxid) umzuwandeln: Sie nutzen dafür Elektrizität und DNA-Stränge. Ihre Firma Helix Carbon soll das Verfahren zur Marktreife bringen. (Hier ihr Paper.)
🕸️ Auch Tech, aber Governance-Tech: Während der Kleinen Eiszeit entwickelten die Ureinwohner Nordamerikas neue gesellschaftliche Strukturen, um sich an die Klimaveränderung anzupassen. Sie bildeten kleinere, politische Einheiten und legten mehr Wert auf Teilen.
🇩🇪 🚜 Deutschland hätte genug Platz, um seinen Energiebedarf nur mit PV zu decken, sagt das Öko-Institut. Schlüssel dafür: Agri-PV, also Solaranlagen auf landwirtschaftlichen Flächen.
🚆 Okaaaaay: Die Kunden der Taunusbahn fahren im gesamten April und Mail kostenlos – weil die Wasserstoffzüge, die seit 2022 im Einsatz waren, ständig Probleme hatten und deswegen 19 % der geplanten Fahrten im Jahr 2023 ausfielen.
Das war die zweite Ausgabe dieses Newsletters! 🥳 🥳
Wie du siehst: Ich habe nach dem Feedback zur ersten Ausgabe ein paar kleine Dinge geändert.
NEU v2
Ich fasse die Nachrichten jetzt in Stichpunkten zusammen, um die Informationsdichte zu erhöhen und schnell zum Wesentlichen kommen zu können: der Analyse 🍏
Die Evergreens: Über den ganzen Newsletter verteilt, findest du ab sofort immer wieder Links, die grün hinterlegt sind. Das sind Inhalte, die besonders in die Tiefe gehen oder einen guten Überblick geben. Bookmarkwürdig!
Ich stelle für dich jetzt die wichtigsten (manchmal auch witzigsten) Cleantech-News der Woche zusammen.
Ich teste gerade, wie viel Analyse und wie viele Meldungen genau richtig sind.
Sag’ es mir in dieser Umfrage:
Was ist für dich wertvoller? |
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Danke an Peter, Henrik, Bent, Kidrocker, Daniel und all den anderen, die namenlos bleiben müssen, weil ich sie nicht identifizieren konnte, für euer Feedback.
Bis nächste Woche!
PS Dagobert Dac, ladies and gentleman:
Er ist real!
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