Kernfusion kommt, irgendwann – im All

Star Trek hatte natürlich völlig recht.

Hi Cleantechie!

Dieser Newsletter gibt dir jede Woche in 5 Minuten den Überblick über die wichtigsten Unternehmen, Forschungsdurchbrüche und Trends der Branche.

Eigentlich wollte ich dir in dieser Ausgabe den Deep Dive über Heimspeicher präsentieren, aber der braucht noch etwas mehr Liebe, die ich in der vergangenen Woche krankheitsbedingt nicht in mir hatte.

Deswegen gebe ich dir heute einen Denkanstoß zu Kernfusion mit: Sie wird gleichzeitig über- und unterschätzt.

Den guten Links habe ich heute eine Extraportion Aufmerksamkeit geschenkt.

Let’s go!

Kernfusion kommt, irgendwann, aber sie kommt – im All

  • Hands down, das ist der beste allgemein zugängliche Text, den ich bisher über die chinesische Kernfusions-Industrie gelesen habe. Die FT liefert noch mehr Details zum Startup Energy Singularity, das gerade $500 Millionen eingesammelt hat.

  • Fazit der beiden Texte für mich: Wer glaubt, dass der Westen seinen Technologie-Vorsprung bei der Kernfusion ewig behalten wird, liegt wohl falsch.

  • Vielleicht wird China nicht das erste Land sein, das Kernfusion kommerzialisiert, es könnte aber das Land sein, das am Ende den billigsten Reaktor baut.

  • In Greifswald läuft unterdessen der Forschungsreaktor Wendelstein für eine neue Serie von Tests wieder an.

🍏 Was ich denke

In diesem Abschnitt gebe ich dir meine persönliche Einschätzung. Dabei übersehe ich zwangsläufig Dinge. Deswegen freue ich mich über Hinweise und Kritik. Lob nehme ich auch. Antworte mir direkt auf diese Mail oder besuche die Kommentarsektion.

Schon seit es diesen Newsletter gibt, will ich mich der Technologie noch einmal vertiefend widmen, denn jeder hat den uralten Witz über Kernfusion („Immer 30 Jahre entfernt“) gehört.

Aber der Witz wurde erfunden, als nicht Milliarden über Milliarden privater Forschungsgelder auf die Technologie herabregneten und wir nicht so viel über Materialien, Magneten und Industrieprozesse wie heute wussten.

Nehmen wir das Beispiel Magneten. Für Fusions-Reaktoren des Typs Tokamak und Stellarator sind diese speziell angefertigten Hochleistungs-Magnete entscheidend. Das US-Startup Commonwealth Fusion Systems kann seine Magneten inzwischen an Dritte verkaufen. Das bedeutet, dass es seine Herstellungsprozesse weitestgehend im Griff hat.

Als der bereits oben erwähnte Forschungsreaktor in Greifswald konstruiert wurde, war die Herstellung genau dieser Magneten ein großes Problem. Es gab einfach fast keine Firmen, die diese bauen konnten. Und noch Anfang der 1990er Jahre gab es keine Computer, die leistungsstark genug gewesen wären, um das genaue Aussehen der gekrümmten Magnete zu berechnen.

Andere Technologiebereiche wie Zement zeigen, dass mit Druck und Geld mehr geht als zunächst gedacht: Warum sollte das bei Kernfusion nicht auch der Fall sein?

Deswegen bin ich mir inzwischen sicher, dass die Menschheit funktionierende Reaktoren bauen können wird. Ob die Menschheit diese Reaktoren dann noch zur irdischen Energieerzeugung braucht, ist eine andere Frage. Solar wird weiterhin billiger und billiger und in 30–40 Jahren werden auch die Strombedarfe immer weniger geeignet sein, um Grundlast-Kraftwerke wie Fusionsreaktoren auszulasten und zu finanzieren.

Zwei Gegenargumente höre ich dazu immer wieder: erstens, Platz. Solar, Batterien und Wind brauchen im Vergleich zu Fusionsreaktoren absurde Mengen an Platz und Land ist die eine Sache auf der Erde, die definitiv endlich ist.

Und, zweitens, als ich in Greifswald war, fragte mich einer der Fusionsforscher dort rundheraus: „Glauben Sie wirklich, dass wir unsere Klimaziele einhalten?“ Das Argument ist ernüchternd, aber plausibel. Fusionsreaktoren werden nicht Solar+Batterien ersetzen, sondern alte bestehende fossile Kraftwerke.

Ich kann beiden Argumenten etwas abgewinnen, bleibe aber skeptisch. Es gibt wenig Grund anzunehmen, dass die Solar- und Speicherrevolution in fünf Jahren endet und wir in einen jahrhundertelangen technologischen Fortschrittswinter in ausgerechnet diesen beiden Feldern eintreten, während wir in der Kernfusion große Durchbrüche erzielen.

Deswegen – Grüße an alle Trekkies – glaube ich: Kernfusionsreaktoren werden nicht auf der Erde kommerzialisiert, sondern im All. Sie werden die Raumschiffe antreiben, die die Menschheit zur Venus und noch weiter schickt.

👉️ Steige tiefer ein

  • Hier beschreiben sieben Gründer von Fusions-Startups, was es braucht, damit die Technologie kommerzialisiert werden kann.

  • Anfang des Jahres hatte ich mir Kernfusion durch die enge Brille des Klimaschutzes angeschaut: „Ziemlich geil, aber nutzlos in der Klimakrise“

  • Warum helfen Magnete bei der Kernfusion? Das MPI erklärt es kurz hier.

Jobs & Deals

💶 Reonic aus Augsburg stellt Software für Firmen her, die PV-Systeme installieren und vertreiben. Das Startup hat €13 Millionen in einer Series-A eingesammelt (Lead: Northzone). Fünf offene Stellen, vor allem für Entwickler.

👉️ Hier habe ich für dich eine Liste von Jobportalen für grüne Jobs zusammengestellt.

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Die wichtigen News

Nachrichten, über die die Branche gerade spricht.

🌞🔋 Solar & Batterie

  • Oxford PV will seine Perowskit-Solarzellen als erste Firma der Welt kommerzialisieren und in Brandenburg an der Havel fertigen (Electrek)

  • Das Laden von Lithium-Ionen-Batterien mit hohen Spannungen kurz vor Verlassen des Werks ist 30-mal schneller und verlängert die Lebensdauer der Batterien um 50 % (SLAC Stanford)

  • Rheinmetall investiert in Deutschland in Photovoltaik und Batteriespeicher (pv magazine)

  • Chinas angeschlagene Solarindustrie könnte vor einem Wendepunkt stehen (Bloomberg) – zusammengefasst bei Cleanthinking.

  • Meyer Burger will in Sachsen-Anhalt bleiben (Süddeutsche Zeitung)

  • Zweifach überzeichnet und das bei diesen Zuschlagspreisen: Zuschläge für deutsche Photovoltaik-Freiflächenanlagen zwischen 4,50 und 5,24 Cent pro Kilowattstunde (pv magazine)

  • Immer mehr Ehemalige von Northvolt ziehen eigene Speicher-Startups auf. (Sifted)

🌬️ Windenergie

  • Equinor stoppt Offshore-Windprojekte in Spanien und Portugal und erwägt weitere Marktausstiege (Offshorewind.biz)

  • Windrad versorgt Elektrolyseur direkt mit Strom (Energiezukunft)

  • Versuchter Brandanschlag auf Windkraftanlage (Golem)

🔧 Weitere Technologien

  • Quaise Energy will Kohle- und Gaskraftwerke in tiefe Geothermie-Bohrlöcher umwandeln (MIT News)

  • SüdlLink: Stromautobahn von Nord nach Süd in Deutschland steht vor vollständiger Genehmigung (Cleanthinking)

  • 30 Biodiversitäts-Startups, die laut VCs beachtenswert sind (Climate Hack)

  • Hohe Erwartungen an Israel's Super Hero Cocoa unter extremen Bedingungen (Reuters)

  • Carbon Removal-Unternehmen haben einen großen Unterstützer – und das ist ein Problem. Microsoft beherrscht den Markt. (Wall Street Journal)

Der letzte Link

Siedler, die Energieedition, ist nun erschienen.

Die letzte Frage, wie immer:

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Rico Grimm

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