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Warum Balkonkraftwerke mehr können als Energie erzeugen

Und Höhenwindräder gute Energiewende-Politik sind.

Hi Cleantechie! 

Dieser Newsletter gibt dir jede Woche in 5 Minuten den Überblick über die wichtigsten Unternehmen, Forschungsdurchbrüche und Trends der Branche.

Diese Woche geht es um Zwerge und Riesen: Balkonkraftwerke und Höhenwindräder. Beide haben Eigenschaften, die wichtige Lücken der Energiewende füllen.

NEU Ich fange an, diesen Newsletter zu einem Umspannwerk für Cleantech-Jobs auszubauen. Erster Baustein: eine kleine Sektion für Jobs & Deals. Schreib’ mir gerne, ob dir das weiterhilft.

Okay, let’s go!

Warum Balkonkraftwerke mehr können als Energie erzeugen

  • Die Ampel-Fraktionen haben sich auf das „Solarpaket I“ verständigt. Es soll in dieser Woche den Bundestag passieren. Kernziel: Den Ausbau der Solarkraft in allen Bereichen verstärken und beschleunigen. (Mehr Details hier.)

  • Ein Schwerpunkt des Pakets: Den Anschluss von Balkonkraftwerken erleichtern: Es reicht eine vereinfachte Anmeldung bei der Bundesnetzagentur, die Zähler dürfen übergangsweise rückwärtslaufen, handelsübliche Schuko-Stecker werden ausdrücklich erlaubt – und Vermieter können die Installation nur noch in Ausnahmefällen verhindern.

  • In other news: Mein Vater denkt darüber nach, eine Balkon-PV zu kaufen. (Ja, das ist wichtig, siehe unten.)

🍏 Was ich denke

Solarkraft hat mit Balkonkraftwerken ihren Massenmarkt-Moment.

Bisher war die Solarkraft eine nicht für alle zugängliche Technologie. Nur wer relativ hohe rechtliche, bauliche und wirtschaftliche Hürden nehmen konnte, konnte selbst Strom mit der Sonne erzeugen. Mit Balkonkraftwerken kann jeder, der will, Photovoltaik nutzen.

Das verändert, wie Nichtfachleute auf diese Technologie blicken.

Nur ein Beispiel: Die Firma Einhorn verkauft vegane und nachhaltige Kondome. Das tun sie mit einem für diese Produktkategorie rotzfrechen Markenauftritt. Und weißt du, welches Produkt sich die Macher hinter Einhorn für ihr nächstes Unternehmen ausgesucht haben? Jup, Balkonkraftwerke.

Zweihorn Energy heißt die Firma, Markenauftritt auch wieder… interessant. Auf jeden Fall völlig anders als, was wir von den großen Anbietern kennen.

Wer mehr über Zweihorn Energy wissen will: Die Greenwashing-Jäger von Flip haben die Firma hier porträtiert. Guter Artikel, aber vor allem guter Newsletter!

Zweites Beispiel: Mein Vater. Als er erfahren hat, dass der Vermieter eine Balkon-PV in seinem städtischen Mehrfamilienhaus künftig nicht mehr verhindern kann, wurde er hellhörig. Er will sich jetzt mal ein wenig mit der Materie beschäftigen.

Isoliert betrachtet ist das ein völlig unbedeutendes Ereignis für die Energiewende. Die paar Watt aus der Anlage meines Vaters werden das antarktische Eis nicht retten.

Aber so wie mein Vater denken gerade Zehntausende Menschen über Balkon-PVs nach. Und wenn sie sich dann eine Anlage angeschafft haben, werden die Nachbarn schauen, was da hängt und selbst anfangen, zu recherchieren und so erweitert sich der Kreis der Energiewende-Macher noch einmal deutlich.

Zwischen den Primeln und Kräutern hängt da am Balkon plötzlich ein Stück Energiewende, ganz nah und zum Anfassen. Und der Zähler läuft sogar rückwärts!

Balkonkraftwerke erzeugen so im besten Fall mehr als Energie. Sie erzeugen auch Akzeptanz für eine Energiewende, deren Hauptproblem eher politischer als technologischer Natur ist.

Vielleicht denkst du jetzt: „Rico, eine flippige Firma aus Berlin und dein Vater machen noch lange keinen Trend!“

Stimmt.

Aber wenn Müslis plötzlich Solaranlagen verlosen und sich die Zahl von Balkonkraftwerken in einem Jahr verdreifacht, dann ist es doch ein Trend, oder?

👉️ Ein Tipp aus der Community 

Ein Leser, der bei einem Stadtwerk arbeitet, hat einen Tipp parat, falls du eine Balkon-PV kaufen willst:

Durch die reine Anmeldung im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur werden die BKW vermutlich auch automatisch der Veräußerungsform unentgeltliche Abnahme zugeordnet. Aus meiner Sicht ist das dann aber verschenktes Geld für den Betreiber, auch wenn das BKW nicht viel einspeist. Deshalb mein Tipp, das BKW beim Netzbetreiber frühzeitig trotzdem anmelden (4-6 Wochen vorher) und die Veräußerungsform Einspeisevergütung anzeigen.

Noch mehr Tipps zum Loslegen findest du in den Replys unter diesem Twitter-Post von mir. (Auch hier auf Mastodon.)

Wer hat das Höchste?

  • In Brandenburg wollen Gicon und die Bundesagentur für Sprunginnovationen das höchste Windrad der Welt bauen. 365 Meter!

  • Noch hält den deutschen Rekord ein Windrad, das gerade in Sachsen ans Netz ging, wird aber bald von Bayern und Max Bögl abgelöst. Vorher hielt den Rekord eine Anlage in Baden-Württemberg.

  • Die deutschen Ämter haben im ersten Quartal dieses Jahres so viele neue Windkraft wie noch nie genehmigt (2,63 GW). Das ging im Schnitt vier Monate schneller als bisher.

🍏 Was ich denke

Höhenwindräder schließen eine Lücke der deutschen Energiewende, sowohl technologisch als auch politisch.

Technologisch. Auf gut 300 Metern Nabenhöhe weht der Wind stetiger und kräftiger als auf den 90 bis 130 Metern Höhe, auf denen sich die kleineren Anlagen im Schnitt ansiedeln. Deswegen liefen Höhenwindräder bei gleichem Rotordurchmesser deutlich mehr Ertrag.

Bei der brandenburgischen Anlage soll er doppelt so hoch wie bei einer herkömmlichen Anlage sein, während die Kosten nur um 37 Prozent steigen.

Gleichzeitig böten Höhenwindräder, laut Sprind, die Chance auf die stetigen Windverhältnisse mit speziellen Turmdesigns zu reagieren. Die Anlagen könnten so länger laufen. Was bedeutet: Die Anlagen werden noch wirtschaftlicher.

Politisch. Die aktuellen Zahlen der Fachagentur Windenergie an Land (PDF, S.4) zeigen wieder, dass Brandenburg, NRW, Niedersachsen und Schleswig-Holstein das Gros der neuen Genehmigungen ausmachen.

Länder wie Bayern, Sachsen und Baden-Württemberg wiederum liefern nicht das, was sie könnten. Während im Norden jedes fünfte Windrad genehmigt wird, ist es im Süden nur jedes zehnte (Zahlen von Tim Meyer).

Gleichzeitig sind es aber auch Bayern, Sachsen und Baden-Württemberg, die sich einen Wettbewerb um die Höhe ihrer Windkraftanlagen liefern.

Falls du glaubst, dass ich mir diesen Wettbewerb herbeifantasiere: Die Nabenhöhe der Anlage in Sachsen beträgt 246,6 Meter, gerade genug, um die Anlage in Baden-Württemberg mit ihren 246,5 Metern zu übertreffen. Zehn Zentimeter können bei einer Anlage dieser Größe nicht allein technisch bedingt sein. Das war gewollt. Ich denke, dass es kein Zufall ist, dass ausgerechnet diese Bundesländer auf Höhenwindräder und Rekorde setzen.

Denn ja, die Mittelgebirgslandschaft eignet sich etwas schlechter für Windkraft. Aber es ist vor allem die politische Landschaft, die den Ausbau der Windkraft in Ländern wie Bayern behindert.

Bayern war das Land, das die 10h-Abstandsregel für Windkraftanlagen erfunden hatte, in deren Folge es fast unmöglich war, ein Windrad in Bayern zu bauen.

Geeignete Standorte sind deswegen rarer, als es ein Blick auf die Karte vermuten ließ.

Aus diesen Standorten deswegen mit Höhenwindrädern das technische Maximum herauszuholen, ist gute Energiewende-Politik und erlaubt es, den jeweiligen Landesregierungen gesichtswahrend eine kleine Kehrtwende in ihrer Windkraftpolitik einzuleiten.

Wenn es dafür einen phallisch angehauchten Rekordwettbewerb braucht, dann ist das eben so. Dem Klima ist es egal, wer das Höchste hat.

👉️ Steige tiefer ein 

  • Der Youtube-Kanal BreakingLab hat die Baustelle in Brandenburg besucht.

  • Hier beschreibt Julius Keil, Projektleiter bei Sprind, was sie sich von dem Windrad in Brandenburg versprechen.

Jobs & Deals

💶 Cozero aus Berlin entwickelt CO₂-Management-Software für Unternehmen. Jetzt haben sie €6,5 Millionen Euro in einer Series-A eingesammelt. Kvanted Ventures und EnBW New Ventures waren Hauptinvestoren. Cozero hat 8 offene Stellen.

💶 Aiperia AI betreibt eine Plattform, die Lebensmittelverschwendung im Einzelhandel reduzieren soll. Das Unternehmen aus Würzburg bekommt €7,5 Millionen Euro in einer Series-A (Leads: ETF Partners und LBBW Venture Capital). Aiperia sucht 12 neue Kolleg:innen.

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